...emanzipierter Fotogebrauch
Jugend und Ausländerarbeit
Fotoprojekt HBK Braunschweig und TJC 1982 -1983

Türkisches Jugendzentrum Braunschweig
Einsatz der Großbildfotografie

Türkisches Jugendzentrum Braunschweig
Einsatz der Großbildfotografie

Türkisches Jugendzentrum Braunschweig
Einsatz der Großbildfotografie

Türkisches Jugendzentrum Braunschweig
Einsatz der Großbildfotografie
Einsatz des Mediums Großfotografie in der Jugend- und Ausländerarbeit 1982
An der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig wurde im SS `82 das Seminar „Theorie und Praxis der Fotografie“ mit dem Thema „Einsatz des Mediums Großfotografie in der Jugend- und Ausländerarbeit“ durchgeführt. Die HBK-Gruppe bestand aus Dietmar Öhlmann, Doris Danschke-Harries, Roseta Heyn, Theo Riedel und den Projektleiter Thilo Rösler. Das Türkische Jugendzentrum an der Hamburger Strasse in Braunschweig wurde Projektort. Hier waren die Mitarbeiter Doris Bonkowski und Sven Wehling für die Organisation zuständig. In September 82 wurde die Ausstellung von Herrn Prof. Dr. Kiefer als Repräsentant der HBK Gruppe, Herrn Mehmet Özkaya als Repräsentant des TJC/türkische Nutzergruppe und Herr Göttrup vom Stadtrat Braunschweig eröffnet.
Die jugendlichen Nutzer des TJC wurden durch praktische Partizipation am Planungs- und Entwurfsprozess bis zur Fertigstellung motiviert, sich intensiv mit den gemeinsamen Interessen auseinanderzusetzen. Hierdurch wurde die Aussenfasade als „Mauer nach Außen“ zum Projektgegenstand und Ausstellungsfläche.
Schon bei den Entwürfen der ersten Kollagen zeigten wurden politische und kulturelle Inhalte erkennbar. An erster Stelle standen taktile Momente, Kinderliebe, Erziehung und jüngere Geschwister, Gemeinschaftsgefühl. Sport, Aggressivität, Diskriminierung und ein Minderwertigkeitsgefühl durch staatliche Abhängigkeit und Kontrolle waren sekundäre Themen.
Kritik
- Die Großfotografien an der Aussenfasade des TJC brach die ablehnende Wirkung des symmetrischen Gebäude auf und lud zur Besichtigung und zum verweilen auf. Dieses gemeinsame Ziel der HBK-Gruppe und der Jugendlichen wurde erreicht.
- Es gab aber auch zeitliche und kulturelle Hindernisse:
- Die „akademischen Zielvorstellungen“ der HBK –Gruppe (Abschlussarbeiten, Diplomarbeit, Ausstellung) und die damit verbundene zeitliche Einschränkung (September 82) traf auf einer kulturell völlig anderen Erwartungshaltung.
- Der ideologische philosophische Hintergrund der HBK-Gruppe, die türkischen Jugendlichen für einen emanzipatorischen und kooperativen Gebrauch des Mediums Großfotografie zu motivieren traf auf wenig Akzeptanz.
- Eine langsame spielerische Annäherung der türkischen Jugendlichen war nicht möglich und so blieb am Ende nur eine relative kleine Gruppe von Nutzern.
- Projektteilnehmer nahmen kulturelle Bedingungen, wie die ablehnende Haltung gegenüber einer gleichberechtigten Kooperation mit weiblichen türkischen Anwohner und Mitarbeiter kritiklos hin.
Technik
Erste Aufnahmen und Themen wurden dann gemeinsam in ein Model übertragen. Hier traten die ersten kommunikativen Probleme auf. Um die Vorstellungskraft besser zu unterstützen wurde eine Mamiya 1000 mit einer Polaroid Einsatzcassette und das Polaroid-Land-665 s+w (8x10cm) genutzt. Ein 9m langer Fernauslöser ermöglichte den Jugendlichen Selbstdarstellungen. Für die Präsentation an der Fasade leistete ein Durst Laborator 1000 und Fotopapierrollen BN 112 PPE Gradation 3, 1,27 x 10m sehr gute Dienste.
Dokumentation
Punk
PUNK - 1983 Braunschweig

PUNK
HB Braunschweig

SCHOCK
Genau auf die Linse

My Home
Ich will

PUNK
schau mal ganz Links
Punk 1983
In der Woltersstube bei einem gut gezapften Bier versuchte ich die Inhalte des Auswertungsgespräch mit der HBK Gruppe zu verarbeiten. Das Lokal wurde von Ilse Zierer geführt, eine wenig erfolgreiche Autorin aber wunderbare Gastgeberin.
Pedder Teumer, Sänger von der Punk-Rock-Gruppe Daily Terror, und Stammgast bei Ilse warf das Argument ein, das die Punkszene in Braunschweig eine starke Selbstdarstellung besitzt welche den schillernden Bildern in den Medien widersprechen. Es war aber schließlich Christel, eine überzeugte Punkerin, welche die Idee einer „objektiven Selbstdarstellung“ gut fand und den „Schwachsinn in den Medien“ etwas entgegnen wollte. Christel führte mich in Ihre „Gruppe“ ein, um mit Ihnen ein Fotoprojekt zur Selbstdarstellung umzusetzen. Ich nahm meine Kamera und folgte Ihr.
Ich erlebte sehr schnell das aggressives Verhalten von der Gruppe gepflegt wurde: „Was willst Du? Was aufs Maul?“ Antworte: „Nö, aber ein Bier kannst du mir abgeben.“ Ein Bier aus dem Wolters- 10er Träger sicherte meine Eintrittskarte und bewahrte mich vor einem blauen Auge. Das war der Anfang meiner längsten Sauftour in meinem Leben.
Kritik
- Die ersten Bilder waren Inszenierungen, Widergabe inhaltlicher Plattitüden. Aber schon nach den ersten Entwickelten Aufnahmen setzte sich eine kritische Auseinandersetzung in der Gruppe durch.
- Die Gruppenteilnehmer setzten sich gedanklich mit ihrer Person als Punk auseinander zu setzen, fingen an zu diskutieren und jeder verfasste einen eigenen Text.
- Inhaltlich variierten die Texte eines verarbeiteten Tagesablauf bis zu Kindheitserlebnisse und Heimerfahrungen.
Technik
Genutzt wurde nur das was ich selbst besass. Keiner in der Gruppe hatte selber eine Kamera, so wurde meine Canon SLR Lamera und die Rollei 6x6 von fast allen Projektteilnehmer genutzt. Merkwürdigerweise wurden Einstellungen des Belichtungsmesser, damals noch alles Manuell, gut befolgt, nur das Scharfstellen klappte recht selten.
Nachtrag: Ich lernte Christel bei einem Ferienjob kennen. Wir Tourten für einen Monat mit einer Drückerkolonne durch Deutschland, wo ich als Fahrer angestellt war da der Chef seinen Lappen versoffen hatte. Nach dem Projekt machte Christel doch ihren Abschluss in der Schule und eine Berufsausbildung. Ilse Zierer von den Woltersstuben brachte 1997 Ihr Buch „Großer Schmetterling mit gebrochenen Flügeln“ im Offenburger Jasmin Eichner Verlag heraus.